TECHNOLOGIE UND GESELLSCHAFT- EINE SYMBIOTISCHE BEZIEHUNG

Als Alexander Bell Ende des 19. Jahrhunderts das Telefon erfand, mag es wohl schwer vorstellbar gewesen sein, dass im Jahr 2021 weltweit schätzungsweise 15 Milliarden Mobilgeräte in Betrieb sein würden. Als die NASA das erste Raumschiff zum Mond schickte, mag es wohl schwer vorstellbar gewesen sein, dass ein durchschnittliches Smartphone heute über mehr Rechenleistung verfügt als die NASA zum Zeitpunkt des ersten Mondfluges.

Heute ist das Unvorstellbare zur neuen Normalität geworden.

Wie also wird unsere neue Normalität in der Zukunft aussehen? Im Oktober 2021 kündigte Mark Zuckerberg formell an, dass alle Facebook-Apps und -Technologien unter einer neuen Unternehmensmarke zusammengefasst werden sollen: Meta. Der Name bezieht sich auf das ausdrückliche Ziel des Unternehmens, „das Metaverse zum Leben zu erwecken und Menschen dabei zu helfen, sich zu vernetzen, Gemeinschaften zu finden und Unternehmen aufzubauen“.

Was also ist das Metaverse? Und wie unterscheidet es sich von der Welt, die wir heute kennen?

Der Begriff Metaverse wurde erstmals 1992 in Neal Stephensons Science-Fiction-Roman Snow Crash geprägt und diente zur Beschreibung des Nachfolgers des Internets: ein dreidimensionaler virtueller Raum, in dem Menschen (über ihre Avatare) in Echtzeit interagieren können. Auch wenn die zugrunde liegenden Technologien in Stephensons Science-Fiction-Roman anders sein mögen, ist das Konzept des Metaverse heute weitgehend ident. Der einzige Unterschied besteht darin, dass sich dieses Konzept schnell in (virtuelle) Realität verwandelt. Das Wall Street Journal berichtete kürzlich, dass Republic Realm, ein (virtueller) Immobilienentwickler, ein virtuelles Grundstück in der Metaverse-Welt Sandbox für 4,3 Millionen Dollar gekauft hat. Ein 4,3 Millionen Dollar Price-Tag scheint ziemlich realistisch.

Was passiert heute im Metaverse?

Kristi Woolsey, Associate Director bei BCG Platinion, geht davon aus, dass das heutige Metaverse durch eine Reihe von Mini-Metaversen gekennzeichnet ist, ähnlich wie die „Walled Gardens„ des frühen Internets. In der Zukunft wird es vielleicht die Möglichkeit geben, nahtlos von einer virtuellen Realität in eine andere zu wechseln, aber heute sind dies unterschiedliche virtuelle Realitäten mit eigenen Avataren, Währungen, Zugängen usw. Spielorientierte Plattformen wie Roblox und Fortnite sind Vorreiter des Metaverse und expandieren über das reine Spielangebot hinaus: Travis Scott veranstaltete ein Konzert in Fortnite, das über 12,3 Millionen virtuelle Konzertbesucher anlockte. Das Metaverse hat das Potenzial, die Art und Weise, wie wir arbeiten, einkaufen, Kontakte knüpfen und interagieren, völlig zu verändern – vom Konzertbesuch bis hin zur Besichtigung von Kunstwerken im virtuellen Ausstellungsraum von Sotheby’s in Decentraland.

Wird die virtuelle Realität unsere einzige Realität werden?  

Bei der Vorstellung einer völlig losgelösten, virtuellen Welt scheiden sich sicherlich die Geister: Die einen halten dies für einen unglaublichen Fortschritt der Menschheit, während die anderen meinen, dass wir ohnehin schon viel zu nahe an den dystopischen Gesellschaften der Science-Fiction-Romane oder The Matrix seien.

Was würde wohl jemand, der vor 100 Jahren lebte, über unsere heutige Gesellschaft sagen? Wir tragen im Grunde genommen magische Geräte in unseren Taschen (sprich: Smartphones), die die Art und Weise, wie wir arbeiten, einkaufen, Kontakte knüpfen und interagieren, bereits völlig verändert haben.

Wir gehen davon aus, dass das Metaverse mit Sicherheit eine bahnbrechende Technologie ist und wie die bekannten Schattenseiten der sozialen Medien (z. B. die dokumentierten negativen Auswirkungen auf das Selbstwertgefühl) wird auch das Metaverse negative Auswirkungen haben. Der Mensch ist jedoch ein soziales Wesen, und wir glauben nicht, dass das Metaverse (reale) Bars und (reale) Interaktionen ersetzen kann. Höchstwahrscheinlich werden sich verschiedene Anwendungsfälle entwickeln und vielleicht wird es einen Mittelweg geben, bei dem das Metaverse in unsere physische Welt gebracht wird. Vielleicht wird zum Beispiel eine intelligente Brille das neue iPhone, und wir können nahtlos in der physischen und der virtuellen Welt gleichzeitig interagieren. Wer weiß? Es ist schwer, sich heute vorzustellen, wie die Zukunft aussehen wird. Aber so wie Alexander Bell die globale Verbreitung von Smartphones nicht vorhersehen konnte, erscheint auch der wahre zukünftige Einfluss des Metaverse im Moment vielleicht noch unvorstellbar.

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