Elisabeth Petermann
Die Paarung Blockchain & Food ist eines der dominierenden Themen in den Food-News der letzten Wochen. Darum werfen wir einen Blick auf die Lösungsansätze und Limitations dieser Trust-Technology im Lebensmittelbereich. Kurz zusammengefasst: FoodSafety und Transparency können durch Blockchain maßgeblich verbessert werden. Allerdings ist die Technologie nur so gut wie die (ehrlich) eingegebenen Daten.
Was ist Blockchain?
Laut Wirtschaftslexikon ist Blockchain eine „dezentrale, chronologisch aktualisierte Datenbank mit einem aus dem Netzwerk hergestellten Konsensmechanismus zur dauerhaften digitalen Verbriefung von Eigentumsrechten.“ Oder anders gesagt, Blockchain ist eine beliebig erweiterbare Liste an Datensätzen, die mittels Kryptographie, Zeitstempel und Transaktionsdaten verkettet sind. Spätere Transaktionen bauen auf den vorigen auf und bestätigen diese als richtig. Die einzelnen Transaktionen werden als Blocks zusammengefasst und miteinander verkettet – eine Blockchain entsteht.
Die Blockchain-Technologie gilt als „trust machine.“ Das dezentrale Buchführungssystem benötigt keine übergeordnete Kontrollinstanz, es kontrolliert sich selbst (Distributed-Ledger-Technology). Die anderen Teilnehmer würden manipulierte oder gelöschte Transaktionen erkennen.
Dieses Verfahren der kryptogrpahischen Verkettung ist Basis für Kryptowährungen (z. B. Bitcoin). Auch für andere Anwendungsfälle kann das Verfahren genutzt werden: z. B. Verträge (Smart Contracts), Grundbücher, medizinische Informationen, Unternehmensanteile (Aktien), Versicherungen, Logistik, Internet of Things (bzw. für die Registrierung der Gegenstände, Nachverfolgung und Verifizierung von deren Verfügungs- und Eigentumsrechten).
Was ist das Problem der Food-Industrie?
Jährlich erleiden alleine in den USA 28 Millionen Menschen eine Lebensmittelvergiftung, ca. 3.000 sterben an den Folgen. Für die Food-Industrie bedeutet dies Verluste. Die rasche Nachvollziehbarkeit von welchem Lebensmittel oder Prozessschritt die Verunreinigung kommt, ist heute schwierig.
Warum? Das Produzent-Lager-Lieferant-Weiterverarbeitung-Händler-Konsument Netzwerk ist sehr komplex und basiert auf verschiedenen, kaum koordinierten Datensätzen (von Papier bis Excel). Dies macht es teilweise unmöglich herauszufinden woher die einzelnen Zutaten eines Produkts stammen. Für den Konsumenten scheint es kaum vorstellbar, aber so dauerte es fast 7 Tage bis ein Team der US Einzelhandelskette Walmart eine Packung geschnittene Mango zu seinem Ursprung zurückverfolgen konnte.
Wie kann Blockchain helfen?
Und damit:
In der Idealvorstellung kann der Konsument (oder ein anderer Teilnehmer der Food-Kette) das Produkt scannen (z. B. QR Code) und erhält alle Informationen über Ursprung und Verarbeitung. Big-Foods wie Walmart, Nestle, Unilever, Dole oder Tyson kooperierten seit 2016 mit IBM um an der Nachvollziehbarkeit von Zutaten zu arbeiten. Walmart verwendete Blockchain schon um den Schweinefleisch Transport in China oder mexikanische Mangos zu tracken. Mit der neuen Software konnte der Ursprung der besagten geschnittenen Mango in 2,2 Sekunden ermittelt werden.
Zum Thema fairer Preis: Da alle Daten für alle Marktteilnehmer einsehbar sind, können kleine Produzenten weniger zu Dumpingpreisen oder nachträglichen „Marketing“-Zahlungen gezwungen werden. Auch Mittelsmänner könnten überflüssig werden, was wiederum Transaktionskosten senkt.
Food-Blockchain Startups
IBM ist zwar Vorreiter in Sachen Food-Blockchain-Anwendungen, aber es gibt auch eine Reihe von Startups die sich auf das Thema spezialisieren.
Blockchain kann nur so gut sein, wie die eingegebenen Daten. Kritische Stimmen, wie die von Mitchel Weinberg (Gründer der Anti-FoodFraud Firma Inscatech), sehen den Wahrheitsgehalt der eingegebenen Daten als Herausforderung, denn diesen kann Blockchain nicht überprüfen.
Außerdem: viele der Daten sind Business-relevant und möchten nicht unbedingt von Marktteilnehmern öffentlich geteilt werden. Das Verhältnis zwischen Transparenz und Vertraulichkeit muss richtig ausbalanciert werden. Weinberg zufolge müsste Folgendes gewährleistet sein, damit Blockchain in der Food-Anwendung zum Erfolg wird:
Dennoch, die Blockchain-Revolution startet genau jetzt. So forderte auch Alex Tapscott (Autor von Blockchain Revolution: How the Technology behind Bitcoin in Changing Money Business and the World) auf dem 4Gamechangers Festival 2018 in Wien das Publikum auf: „Start now with blockchain applications in your business!“
Fazit
Die Blockchain Technologie wirkt vielversprechend um schwierige Themen der Lebensmittelindustrie wie Manipulation von Lebensmitteln und Übervorteilung von kleinen Produzenten zu verbessern. Der Kunde, aber auch andere Teilnehmer der Lieferkette, erhalten ein klareres Bild von Herkunft und Zustand des Essens. Derzeit ist die Paarung Blockchain & Food noch am Beginn ihrer Reise. Wir sind gespannt wann diese Technologie breite Anwendung findet und wirklich beim Endkonsumenten ankommt.